Hin und wieder werden in Frankfurt sogenannte Murals gemalt, d. h. Hausfassaden, Haltestellen oder andere größere Wände werden mit bunten Bilderwelten und Mustern künstlerisch umgestaltet. Oftmals wird das an Objekten praktiziert, die besprüht, wild beklebt und plakatiert sind oder an leerstehenden Gebäuden, die in absehbarer Zeit renoviert werden oder für die zeitnah sogar Abbrucharbeiten vorgesehen sind.
Für die Umgestaltung solcher Flächen werden in der Regel Künstler*innen aus dem Bereich der Urban Art beauftragt, so hat z. B. Case Ma’Claim für die Deutsche Bahn während einer mehrwöchigen Teilsperrung einiger S-Bahn-Strecken im Jahr 2016 die beiden Tunnelwände in der S-Bahn-Station Ostendstraße gestaltet und drei Jahre später für die sowohl für ihre renditeorientierte Wohnungs- und Mietenpolitik als auch für ihr Urban-Art-Engagement kritisierte Deutsche Wohnen zwei Hausfassaden in der Carl-von-Weinberg-Siedlung in der Miquelallee gestaltet. Einen anderen Weg eingeschlagen hatte Guido Zimmermann im Jahr 2015, der per Crowdfunding das Projekt Museum On The Street realisierte, um in Frankfurt selbst einige solcher Murals realisieren zu können.
Oftmals wird auf die Urban-Art-Malerei zurückgegriffen, da immer noch davon ausgegangen wird, dass von solchen Akteur*innen gestaltete Flächen respektiert und nicht (zeitnah) wieder bekritzelt, besprüht oder übermalt werden. In Bezug auf Frankfurt ist das jedenfalls Blödsinn, wie die hier zu sehenden Fotos dokumentieren. So unterschiedlich der Zugang zu Urban Art auch sein mag – es gibt die, die sich auf ihre eigene Art und Weise in die Stadt einbringen wollen, die, die der Privatisierung und Kommerzialisierung des Stadtraums etwas entgegensetzen möchten, die, die in sich eine*n Künstler*in entdeckt haben wollen, aber nicht in den Weg in die elitäre Museumswelt oder akademischen Institutionen gewählt haben (aber dann doch immer ganz schnell mitmachen, wenn sich die Möglichkeit ergibt), die, so formulierte es Nomad einst in In The Belly Of A Whale, die nur aktiv sind, „um in einem bestimmten Rahmen cool zu sein“, sich „abgefucktes, dreckiges Grafikdesign“ am Rechner zusammenschustern, Ideen klauen und „die gleiche Scheiße 5 Meter groß an irgendwelche Wände“ sprayen und zuletzt natürlich auch die, die einfach nur alles zerficken wollen – ein Minimalkonsens im Umgang mit solchen Auftragsmalereien scheint es jedenfalls nicht zu geben.
Ich dachte eine Zeit lang, das dieses in Auftragsmalereien reinzuschreiben-/malen überwiegend der Writer-vs-Bahn-Thematik geschuldet sei, aber es sind ja dann doch nicht nur kreativ umgestaltete Flächen an Bahnhöfen und Haltestellen, sondern auch Murals an Gebäuden jenseits davon betroffen, selbst Event-Malereien mit mehreren Szene-Akteur*innen sind davor nicht sicher, und auf Social Media, aktuell Instagram, finden sich in den Kommentaren zwischen inflationär genutzten Hi-Five- und Flammen-Emojis manchmal auch kritische Stimmen, die sowohl von Auftragskunst übermalte Tags, T-Ups oder Pieces kritisieren, aber auch Unzufriedenheit äußern, wenn in illegal gemalten Werken reingekritzelt wurde oder solche Werke durch neu gemalte leicht angekratzt werden. Als Außenstehender jedenfalls schwierig durchzublicken, worin genau im Einzelnen die Motivation liegt, respektiert werden Auftragsarbeiten per se jedenfalls nicht, obwohl wiederum Respekt ein wichtiges Thema zu sein scheint, zumindest solange man diesen für sich oder Leuten und Aktionen, mit denen man sympathisiert, einfordern oder anderen Akteur*innen, die sich nicht an ein von wem auch immer definiertes und natürlich als allgemeinverbindlich eingestuftes Regelwerk gehalten haben, vorhalten kann.
Hier eine Übersicht mit Fotos zu solchen Fällen in Frankfurt am Main. Bis auf die beiden Fotos ganz am Ende, wurden alle Fotos in diesem Jahr gemacht. Manche sind ziemlich aktuell, andere aber auch schon vor einigen Wochen und Monaten aufgenommen. Ich könnte nahezu für alle Standorten deutlich mehr Fotos zeigen, aber ich wollte es überschaubar halten. Über die Links am Bild gelangt man zu Beiträgen hier im Blog, in dem der bessere Zustand der jeweiligen Urban-Art-Gestaltung zu sehen ist.
Ostend, S-Bahn-Station Ostendstraße (Case Ma’Claim, Does)
• „Laufende Hände“ in der S-Bahn-Station Ostendstraße
Fechenheim, Bahnhof Mainkur (Thekra Jaziri)
• Bunte Umgestaltung der Unterführung im Bahnhof Mainkur
Sachsenhausen, S-Bahn-Station Mühlberg (Thekra Jaziri, Knstfhlr)
• Grüne Soße Mural Art in Frankfurt-Mühlberg
Sachsenhausen, S-Bahn-Station Lokalbahnhof (Thekra Jaziri, Knstfhlr)
• Mural-Art-Umgestaltung in der S-Bahn-Station Lokalbahnhof
Gallus, S-Bahn-Station Galluswarte (Thekra Jaziri)
• Neugestaltung der S-Bahn-Station Galluswarte von Thekra Jaziri
Niederrad, S-Bahn-Station Niederrad (Guido Zimmermann)
• Haltestelle Niederrad: Mural Art von Guido Zimmermann
Nordend, Friedberger Landstraße (Guido Zimmermann)
• Museum on the street: „Bulle & Bär“-Mural von Guido Zimmermann
Ostend, Osthafen (Guido Zimmermann)
• Mural am Osthafen von Guido Zimmermann
Westend, Senckenberganlage/Bockenheimer Landstraße (Justus Becker, Oğuz Şen)
• Kunstwürfel auf dem Campus Bockenheim: Signal Labsaal
Ostend, Sonnemannstraße (Artmos4)
• Heinz Schenk … doch mal ein
Bei den folgenden zwei Arbeiten sind die „Interventionen“ wieder rückgängig gemacht worden.
Ostend, Hanauer Landstraße (Malerbetrieb für Ardi Goldmann)
• An meine Freunde vom leidenden Leben
Ostend, Uhlandstraße (Me One)
• Urban Art Frankfurt – September 2017