Die Geschichte der Menschheit ist die Geschichte von Männern. Das liegt vor allem daran, dass Frauen immer weniger Rechte hatten, z. B. durften sie früher für eigene Erfindungen kein Patent anmelden, sondern nur ihr Ehemann, wurden in der Kunst jenseits von Tätigkeiten als Muse oder Aktmodell nicht weiter beachtet oder eigene Arbeiten (zu Lebzeiten) nicht wertgeschätzt (siehe Hilma af Klint, Paula Modersohn-Becker) usw. So verwundert es also nicht, dass es noch viele andere Bereiche gibt, bei denen es sich nochmal genauer hinzugucken lohnt, ob und was in Zeiten, in denen heute primär von den Arbeiten weißer, männlicher Protagonisten die Rede ist, eigentlich parallel stattfand. Ob Frauen vielleicht auch Jesus-mäßig unterwegs waren und wie z. B. angeblich Dieter Rams „10 Thesen für gutes Design“ oder Kurt Weidemann „Zehn Gebote zur Typografie“ aufgestellt haben? Nicht dass uns solche „Highlights“ wie Weidemanns „In der Typographie gibt es so wenig grundsätzlich neu zu erfinden wie in der Kochkunst oder im Bett.“entgehen.
Der Fokus der Ausstellung stet – on patriarchy and typography im Synnika im Bahnhofsviertel liegt auf der gleichnamigen Zeitung der selbstständigen Grafikdesignerin Katharina Koch aus Frankfurt am Main. Die Publikation steht für eine Haltung und ist eine Reaktion auf die etablierten Regelwerke der Typografie, die den Umgang mit Schrift strikt vorgeben. Die erste Ausgabe von »stet«, deren Release im Rahmen der Ausstellung stattfindet, zeigt mithilfe von feministischen Konzepten die patriarchalen Strukturen in der Typografie auf.
„Mit dem Ziel, sich eben diesen in Inhalt und Form zu widersetzen, die blinden Flecken der Erzählung einer eurozentrischen, männlichen Typografie-Geschichte offenzulegen und eine neue, zeitgemäße Ästhetik zu begründen, vereint »stet« eine dichte Sammlung an alternativen Perspektiven auf die Geschichte der Typografie, die Katharina Koch durch grafische Arbeiten in einen praktischen Kontext setzt. Den rigiden Regeln männlicher Koryphäen der Typografie stellt Koch eine gestalterische Haltung gegenüber, die den Regelbruch begrüßt und sich damit kritisch-feministischen Positionen der Moderne anschließt.“ (synnika.space)
Die Ausstellung beginnt mit der Vernissage am Abend des 20. Januars und geht bis zum 8. Februar 2023. (Öffnungszeiten: Freitags 15-19 Uhr und nach Terminvereinbarung)
• Update 30.01.2023: Die Ausstellungsdauer wurde bis auf den 12.Februar 2023 verlängert: