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Vom 27. bis 29. Mai 2024 fand in der STATION Berlin die re:publica 24 – Who cares? statt. Das Festival für die digitale Gesellschaft stand in diesem Jahr unter dem Motto „Who cares?“. Zu einer Podiumsdiskussion auf Stage 2 trafen am 27. Mai Dirk von Gehlen (Autor, Blogger und Journalist), Katharina Nocun (Autorin, Bloggerin und Podcasterin) und Johnny Haeusler (re:publica-Gründer, Musiker, Blogger, Autor und Radio-Journalist) auf die mir bisher nicht bekannten Patricia Cammarata (Autorin, Bloggerin und Podcasterin ) und Simon Hurtz (Redaktuer und Blogger). Thema: Verloren auf Plattformen – Wie und wo leben wir online, nachdem Elon Musk Twitter kaputt gemacht hat? Was macht das mit uns als Communities?

Seit Twitter von Elon Musk übernommen und zu X wurde, gleicht es einer Müllhalde. Wobei bereits an dieser Stelle angemerkt werden darf, dass das, was Twitter überhaupt einst ausgezeichnet und sympathisch gemacht hat, schon seit über 12 Jahren vorbei ist. Stattdessen gab’s viel hochmütiges Elitebewusstsein von Journalist*innen, Medienfuzzis und anderen Bubbles, Leuten, die sich diesen und anderen (Online-)„Persönlichkeiten“ anwanzen, gut situierte Deutsche mit Erste-Welt-Problemen und El Hotzo. Da muss man wirklich nicht auf einen jemanden wie Elon Musk warten, um sich von solch einem traurigem Schauspiel abzuwenden. Mit zunehmender Kritik an der Wandlung von X rückten aber auch (neue) Alternativen in den Mittelpunkt: Bluesky, Mastodon und Threads. Diese Auswahl führte allerdings dazu, dass die einen hier aktiv sind, andere dort und manche sogar ganz aus Social Media verabschiedet haben. Bei genauerer Betrachtung fällt allerdings auch auf, dass gar nicht mal so wenige Leute auch weiterhin auf X aktiv sind, und nicht etwa zu Bluesky oder Mastodon „gewechselt“ sind, obwohl diese sonst kaum eine Gelegenheit auslassen, sich als Vorzeige-Demokrat*in oder Online-Linke*r zu positionieren. Aber wie so oft gilt, dass ab da, wo man selbst involviert ist, selbst ein Zeichen setzen könnte, sich solche Lautsprecher als Luftpumpen entpuppen. Walk the Talk? Fehlanzeige. Echte, aufrichtige Haltung sieht jedenfalls anders aus.

Ausreden für derlei inkonsequentes Handeln gibt es natürlich auch immer. Wenig überraschend wird dabei das eigene Nicht-Handeln immer auf vermeintlich andere Akteur*innen oder Umstände abgewälzt. Was habe ich da nicht schon alles gehört und gelesen: Als vor einigen Jahren Facebook in die Kritik geriet, blieb man angeblich dort, weil man nach unglaublich langer Zeit wieder Kontakt zu einer ganz bestimmten Person hatte! Was dagegen sprechen würde, künftig Gebrauch zu machen von Erfindungen wie Telefon, Chat-Apps oder E-Mails, um mit diesem ach so wichtigen (Facebook-)Freund jenseits von Facebook in Kontakt zu bleiben? Auch populär: Wegen beruflichen Aktivitäten dabei bleiben, egal ob damals Facebook oder heute X, wo man aber kurioserweise mit seinem Privat-Account agiert, sogar postet, und nicht etwa nur mit dem der Firma. Völlig Banane: Die neuen Sozialen Netzwerke haben noch nicht so viele Funktionen! Als wären Facebook und Twitter damals mit all den Möglichkeiten, die sie heute anbieten, gestartet. Hat das die Leute damals davon abgehalten, dort aktiv zu werden? Eben. Am Ende wird man den Eindruck nicht los, dass nicht mehr genug Aufmerksamkeit für sie und ihre ach so wichtigen Takes abspringt, die sie zudem oftmals nur erhalten, weil sie sich als Vertreter*in von Unternehmen, Verein, Institution, Organisation etc., zu erkennen geben.

Die Stadt Frankfurt am Main ist dort übrigens auch weiterhin aktiv und hat das in der Vergangenheit damit begründet, dass man, im Gegensatz zur Stadt Hauau, die diese Plattform verlassen hat, als fünfgrößte Stadt in Deutschland in einer anderen Position sei und neben Facebook dort auch die meisten Bürger*innen erreichen würde. Ob man je geprüft hat, was da überhaupt echte Follower sind? Ich erinnere mich da an viele fragwürdige „Follower“ bei Retweets und Likes. Zur Erinnerung: Frankfurt war sehr früh auf Twitter aktiv, da war das nicht ansatzweise so groß wie heute, geschweige denn schon viele andere Städte, Institutionen etc. angemeldet. Das mit der „anderen Position“ ist zwar richtig, allerdings sollte sie dafür stehen, mit all dem Vorzupreschen und Tatsachen zu schaffen, und nicht, um irgendwann als letzte abzuspringen oder zu warten, dass es größere Städte als Frankfurt vormachen.

Hier einige Zitate aus der Podiumsdiskussion:

„… weil ich nicht für Reichweite Inhalte produzieren will, sondern für Relevanz und da spielt’s schon eine Rolle, wo Inhalt sich bewegt und Twitter finde ich gehört sich nicht, da jetzt rein zu posten. “ (Dirk von Gehlen)

„Ich finde es hochproblematisch, dass halt einfach ein Milliardär, der offensichtlich rechtsextreme Gesinnungen hat, sich eine Plattform kaufen kann, wo einfach der Großteil der politischen Debatte, der journalistischen Debatte stattfindet und einfach anfängt, diesen Raum mit rechtsextremen Plakaten zu tapezieren […] Da ist natürlich die Frage: Will ich Teil davon sein?“ (Katharina Nocun)

„… ein erste Schritt ist, dass wir aufhören, jedem Account einen Menschen zuzuordnen und ein zweiter, dass wir aufhören, dieser OMR-Logik von Reichweite zu folgen und zu sagen, das Wichtigste ist Reichweite. Das hat überhaupt nichts mit Reichweite zu tun, das hat mit Relevanz zu tun, sich mit Menschen zu vernetzen […] Was nützt es euch, wenn ihr mit euerem Post 600 Bots erreicht habt? Ich verstehe den tieferen Sinn von dieser Reichweitenfixierung nicht und wahrscheinlich ist das die böseste Lüge, die uns diese Social-Media-Plattformen eingeimpft haben: dass es Follower gibt und dass die was bedeuten.“ (Dirk von Gehlen)

„Wie nutzen Journalist*innen diese Plattform und wie verhalten sich Medien […] Man kann sich ja irgendwie schönreden: ja, ein paar Leute klicken schon noch. Und ich glaube diese eigene Verbreiterhaftung oder zumindest Verantwortung, die man finde ich schon dabei hat, wird halt oft ausgeblendet.“ (Simon Hutz)

Man muss das irgendwie selber besitzen, also den Podcast-Feed, die Website […] Wir brauchen das auch im medienpolitischen Diskurs nicht immer in dieser Plattform zu referenzieren, wir können das auf der Website referenzieren. […] Wir haben das Web, lass es uns doch einfach benutzen […] Ohne Web ist das andere nix.“ (Dirk von Gehlen)

re:publica 2024: Verloren auf Plattformen. 

Dirk von Gehlen hat zu dem Talk auch etwas gebloggt: Wen kümmerts… was aus Twitter wurde? (Digitale Juni-Notizen zur republica 24)

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