Der freie Journalist und Kölner Radiomoderator Christian Möller führt in Durch die Gegend beim Podcastlabel Viertausendhertz regelmäßig Interviews mit MusikerInnen, SchriftstellerInnen, KünstlerInnen und PhilosophInnen – und das nicht in irgendeinen Studio, Büro oder Hotel, sondern an einem Ort, der mit den InterviewpartnerInnen verbunden ist. Neulich war das Frank Spilker, Kopf der Band „Die Sterne“ in Hamburg.
Wo fing das an und wann?
Besonders bekannt sind die Sterne-Songs „Fickt das System“ (1992), „Universal Tellerwäscher (1994) und natürlich „Was hat dich bloß so ruiniert?“ (1996), dass man zu den Highlights deutschsprachiger Musik der vergangenen 25 Jahre zählen muss.
Christian Möller hat ihn neulich in Hamburg auf einem Spaziergang von Altona ins Schanzenviertel besucht und mit ihm über die Anfänge in der Provinz, Kreativität und den Wandel der Indie-Kultur gesprochen. Thematisiert werden auch Altnazis, Buchhandel, Gentrifizierung, G20-Protest, MTV und VIVA, Rote Flora u.v.m.
Frank Spilker über Kreativität
Beim Thema Kreativität glaubt er grundsätzlich daran, dass diese angeboren ist und einem eher abgewöhnt wird, z.B. durch Erziehungsmaßnahmen und dass das Verhältnis unserer Gesellschaft zur Kreativität bigott ist. Die Beamtenschicht, als auführendes Instument, darf nicht kreativ sein, aber gerade dort wird die Kreativität am höchsten geschätzt. Gleichzig wird den Kindern auf die Finger gehauen, wenn sie am Klavier eigene Ideen umsetzen und nicht die Genies nachahmen.
Frank Spilker über Gentrifizierung
Als die beiden an der Roten Flora vorbeikommen, geht es u.a. um Gentrifizierung und welche Rolle Künstler eigentlich dabei spielen. Spilker sieht sich als Künstler für diese Prozesse nicht verantwortlich und führt die Logik des Kapitalismus an. Leute wollen dort leben, wo es kulturelle Vielfalt gibt, aber gleichzeitig wird der Humus, aus dem diese Vielfalt wächst, wieder abgeschafft, in dem man sich über Lärm beschwert und kulturell bespielbare Orte entfernt werden.
Frank Spilker über Musikindustrie und Buchmarkt
Als die Band in den 1990er-Jahren mit dem Goethe-Institut in den USA unterwegs war, stellte er fest, dass dort eine ganz andere Professionalität und Wertschätzung in Zusammenhang mit der Musik besteht und die Musikindustrie dort ein ganz entscheidender Motor der Wirtschaft ist. Anders hierzualande: „In Deutschland wird man behandelt, als wär man ein Freak, der sich ein unseriöses Hobby ausgesucht hat, weil man Musik macht“, so Spilker. Den Buchmarkt in Deutschland beschreibt er als Preiskartell, der mit öffentlichen Mitteln gestützt wird und den es so sonst nicht geben würde. „Das ist etwas, was man sich aus Imagegründen leistet, was man Hochkultur nennt, wo ganz viel bürgerliches Gedankengut drin steckt, Pathos, und das immer abgegrenzt wird von der Popkultur, da haben wir wieder das Standesdenken. Das Buch ist deshalb was anderes als die Platte, weil es in Europa dieses Standesdenken gibt.“
Und weil es hier eigentlich um einen Podcast geht … hier geht’s zum Podcast auf Spotify: Durch die Gegend: Frank Spilker