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Das Städelsche Kunstinstitut ist die älteste Museumsstiftung Deutschlands und beherbergt mittlerweile eine der international bedeutendsten Kunstsammlungen. Das teuerste Kunstwerk ist das Gemälde „Fleurs et céramique“ von Henri Matisse und hat einen Wert von ca. 70 Mio. Euro, gefolgt von einem weiteren Gemälde, dem „Le Déjeuner“ von Claude Monet, mit einen Wert von ca. 50 Mio. Euro. Die Schätzungen gehen aus der ersten gemeinsamen Bewertung aller Exponate aus den städtischen Sammlungen hervor, die Anfang 2011 vorgestellt wurde. Insgesamt befanden sich zu diesem Zeitpunkt in Frankfurts Museen Kunstschätze im Wert von ca. 2,5 Milliarden Euro. Ein Wert, der ohne die Zäsur in der NS-Zeit vermutlich höher ausfallen würde.

1906 wurde Georg Swarzenski zum Direktor des Städel berufen, 1907 zum ersten gemeinsamen Leiter des Städelsches Kunstinstituts und der neu gegründeten Städtischen Galerie im Städel ernannt. Der Aufbau einer modernen Sammlung für diese Städtische Galerie fand mit Machtübernahme der Nazionalsozialisten 1937 jedoch ein Ende, da jegliches Abweichen vom Naturvorbild und akademischer Maltraditionen strikt abgelehnt wurde. Bereits 1934 sprach der verkannte Künstler aus Braunau bezüglich bestimmter Kunstrichtungen ablehnend vom „Kulturgestotter der Kubisten, Futuristen, Dadaisten…“. Das damit verbundene „Reinemachen“ hatte zurfolge, das über 70 Gemälde und etwa 400 Grafiken aus dem damaligen Bestand des Städel als „Entartete Kunst“ beschlagnahmt wurden. Der Begriff „Entartete Kunst“ diente von 1937 bis 1941 auch als Titel für eine in mehreren Städten gezeigte Wanderausstellung. Zeitgleich wurden viele solcher Kunstwerke vernichtet oder gegen Devisen ins Ausland verkauft.

Einer von vier Protagonisten dieser geschäftlichen Umtriebe zu dieser Zeit war der Kunsthändler Hildebrand Gurlitt, Vater des derzeit in den Medien präsenten Cornelius Gurlitt. Aufgrund seines Engagements bezüglich der verfemten modernen Kunst und seiner nicht rein arischen Herkunft verlor dieser zur NS-Zeit zwar diverse Anstellungen in Museen, wurde aber für die Verwertungsaktionen der beschlagnahmten Kunstwerke herangezogen. Nicht alle Kunstwerke wurden an Händler und Sammler im Ausland verkauft, auch hierzulande fanden sich Abnehmer, ebenso verblieben einige dieser Werke bei den Vermittlern, die diese Aktivitäten offenbar auch für sich zu nutzen wussten.

Hildebrand Gurlitt verstarb 1956 und Cornelius Gurlitt erbte eine Sammlung von Kunstwerken, welche derzeit auf Spuren von Naziraubkunst und „Entarteter Kunst“ untersucht wird. Zollfahnder waren im März vergangenen Jahres auf diese Sammlung aufmerksam geworden, woraufhin diese beschlagnahmt wurde. An die Öffentlichkeit gelangte die Geschichte vom „Münchner Kunstfund“, auch „Schwabinger Kunstfund“ genannt, erst im November diesen Jahres. Die beschlagnahmte Sammlung umfasst sowohl Werke die als verschollen galten, als auch welche, die bis dato gänzlich unbekannt waren. Sukzessive werden diese im Internet auf lostart.de veröffentlicht.

In den Nachkriegsjahren ging man offenbar nicht all zu ernsthaft und interessiert diesen Delikten nach, so dass selbst heutzutage noch, bald sieben Jahrzehnte nach Kriegsende, Situationen eintreten, die offene Fragen und Probleme im Zusammenhang mit den durch die Nationalsozialisten beschlagnahmten Kunstwerken offenbaren. Erst im Dezember 1998 trafen die Teilnehmerstaaten der Washingtoner Konferenz eine, rechtlich nicht bindende, Übereinkunft, eine gerechte und faire Lösung bezüglich solcher Kunstwerke anzustreben. Ein wesentlicher Punkt im Rahmen dieser Tätigkeiten ist die Provenienz-forschung. Hier geht es um die Geschichte eines Kulturgutes, beginnend bei dessen Entstehung. Zu klären gilt: Wer hat ein Kunstwerk wie, bei oder von wem, wo, für wie viel und für wen beauftragt, erworben oder gehandelt.

Der Fall Gurlitt weckte mein Interesse für das Thema Provenienzforschung. Zwar hatte ich in der Vergangenheit in den Nachrichten immer wieder mal von Rückführungen solcher Kulturgüter mitbekommen, die unmittelbar nach Kriegsende getroffenen Regelungen waren mir jedoch nicht bekannt und hätte ich in dieser Form auch nicht vermutet. So können Ansprüche nur nach Maßgabe der zur Wiedergutmachung erlassenen Rückerstattungs- und Entschädigungsgesetze und in dem dort vorgesehenen Verfahren, geltend gemacht werden. Fragwürdig erscheint hierbei zum Beispiel die festgelegte Anmeldefrist, um solche Restitutionsansprüche geltend machen zu können, denn wenn man gar nicht um ein Kunstwerk wusste, es als verschollen galt oder diesebzüglich in der Vergangeheit Falschaussagen getroffen wurden, konnte man innerhalb der gesetzten Fristen auch nicht aktiv werden.

Als vor einigen Wochen das Thema Gurlitt in der Sendung Günther Jauch thematisiert wurde, erfuhr man, dass einige Besitzer solcher Kunstwerke sich mit „Sie rufen Auschwitz und meinen doch nur das Geld“ empören. Befremdlich, bedenkt man, dass Ansprüche selten von einer einziger Person, sondern von Erbgemeinschaften, geltend gemacht werden, so dass der Weg nach der Rückführung eines solchen Kunstwerkes eben den Weg in ein Auktionshaus findet und damit eine Lösung ist, von der alle Beteiligten finanziell profitieren. Ex-Kulturstaatsminister Michael Naumann verriet zudem, dass viele Kunsthändler und Galeristen genau wüssten, was sie im Depot haben. Ebenfalls angesprochen wurde der Raubkunstbesitz der öffentlichen Hand, wohl verwahrt in Amtsstuben ohne Publikumsverkehr. Der Fall Gurlitt sei allenfalls die Spitze des Eisbergs.

Von 2001 bis 2002 erschloss Kunsthistorikerin Nicole Roth das Archiv des Städel Museums in Frankfurt und bereitete die noch ausstehende Herkunftsforschung von Kulturgütern vor, die vor 1945 entstanden und in oder nach der NS-Zeit vom Städel erworben wurden. Das Projekt Provenienzforschung am Städel wurde 2002 gegründet. Im Zusammenhang mit den abgeschlossenen Recherchen zu den ersten 400 Werken, von insgesamt 800, konnten bereits sechs Kunstwerke restituiert werden.

Spannend dürfte in diesem Zusammenhang auch das Buch Museum im Widerspruch. Das Städel und der Nationalsozialismus sein, welches Anfang 2011 im Akademie Verlag Berlin erschien. In sechs Beiträgen zeichnen international renommierte Wissenschaftler in einer Studie den widerspruchsvollen Weg des Städels durch die Jahre des NS-Regimes nach. Der Publikation vorangegangen war die Vergabe eines unabhängigen Forschungsauftrags zur Rolle des Städel Museums im Nationalsozialismus.

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