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Seit dem 4. Februar 2020 zeigt die Heussenstamm Galerie in der Braubachstraße in Frankfurt am Main eine Ausstellung zu der Protestparole „Stadt für alle“.

Der Slogan formuliert die Vision eines guten, gerechteren Zusammenlebens, steht in Bezug zu Frankfurt am Main aber zugleich auch für den Kampf gegen Themen wie Mietenwahnsinn, Verdrängung und Soziale Spaltung. Wohnungsnot ist Realität in der Mainmetropolet, der Wohnungsbau bedient immer öfter das Luxussegment, für Menschen mit niedrigem oder geringem Einkommen wird wenig gebaut und obendrein müssen Menschen mit und ohne Papiere in Frankfurt auf der Straße leben, werden soziale Wohnprojekte verhindert und Wohnungen geräumt. Neben der Arbeit im Rahmen der Kampagne „Eine Stadt für Alle! Wem gehört die ABG?“, u. a. getragen von Aktiven aus stadtpolitischen Initiativen, Stadtteilgruppen und Mieterorganisationen, tauchte „Stadt für alle“ auch vermehrt im öffentlichen Raum Frankfurts auf – geschrieben mit Markern, Sprühdosen und Streichfarbe, auf Fassaden von Neubauten und Modernisierungsobjekten wie auch an Bauzäunen, Brücken und anderen Mauerwerken.

Die Ausstellung in der Heussenstamm Galerie zeigt 39 Fotos des Fotografen Oliver Engelmann, der nach Angaben der Website Marlowes „seit dem Sommer 2017 nach Spuren jenes Protests“ sucht. Präsentiert werden die Arbeiten alle im DIN A4 Format, davon 8 im Hochkant- und 31 im Querformat. Einige Fotos hätten gerne größer ausfallen dürfen, finde ich und die auseinanderliegende Platzierung, im Ober- und Untergeschoss, getrennt durch eine andere Ausstellung im Erdgeschoss, habe ich nicht verstanden.

Oliver Engelmann formuliert im Gespräch mit Marlowes auch den Anspruch auf eine vollständige Dokumentation. Da er erst im Sommer 2017 damit begonnen hat, dürfte das schwierig werden, denn die aktivste Zeit war bisher 2016, los ging es sogar schon Ende 2015, und wie es bereits in der Pressemitteilung korrekt erwähnt wird, verschwindet diese Parole in der Regel sehr schnell. Und das hat auch seinen Grund. Graffiti mit konkreten Bezug zur Politik verweilen generell deutlich kürzer im öffentlichen Raum als die sonst üblichen Graffiti von Namen einzelner Sprayer und Crews und bereits 2016 thematisierte ein Fernsehbeitrag des Hessischen Rundfunks das Entfernen dieser „Stadt für alle“-Parolen. Es ist kein Problem, wenn in Ausstellungen nur ein bestimmter Zeitraum, eine bestimmte Phase zu einem Thema beleuchtet wird, aber ein entsprechender Hinweis dazu sollte schon erfolgen. Wer das Thema nicht schon früh wahrgenommen hat, dürfte nicht auf die Idee kommen, dass dieses Fotoprojekt zu einem späteren Zeitpunkt einsetzt und viele Aktivitäten in der Anfangsphase ausspart. Generell wird diese Ausstellung nur von sehr wenigen Informationen begleitet. Vermisst habe ich auch Angaben an den Arbeiten selbst, wie z.B. zum Standort. Mindestens ein Foto, der „Stadt für Alex“-Zettel, wurde nicht in Frankfurt, sondern in Offenbach aufgenommen, ansonsten würde der Stadtteil reichen, oder auch Kurz-Infos zu den betroffenen Objekten – wer baut(e) da was, zu welchen Konditionen etc. Aber auch hier muss man erwähnen, dass nur sehr wenige Fotos Aktionen an Neubauten und Modernisierungsobjekten zeigen, dafür aber umso mehr an Brücken und viel Klein-Klein an Bauzäunen, Lärmschutzwänden, Mauern und Schuppen. Wenn ich in Frankfurt lebe und vor einigen Jahren tatsächlich nichts von dieser „Stadt für alle“-Welle mitbekommen haben sollte und diese Ausstellung besuche, dann werde ich anhand der dort zu sehenden Fotos zwar Eindruck davon bekommen, vermutlich aber nicht auf die tatsächliche Omnipräsenz und Wucht dieser Aktion schließen können.

Die Fotos selbst zeugen davon, dass da jemand sein Handwerk versteht. Besonders mag ich das Foto, mit dem die Ausstellung beworben wird, vermutlich aufgenommen an einen Tag, an dem unweit des im Bild zu sehenden „Stadt für alle“-Schriftzugs der Sonntagstreff mit Oldtimern in der Klassikstadt stattfand. Auch mag ich das Foto mit dem kleinen Schriftzug am Bauzaun der damals noch in Entstehung befindlichen Neuen Altstadt, der durch eine nachträglich erfolgte Veränderung zur Hälfte verdeckt wird.

Am 28. April 2020 um 19 Uhr spricht Christian Holl, Geschäftsführer des Bunds Deutscher Architekten Hessen und Co-Herausgeber des zuvor erwähnten Online-Architekturmuseums „Marlowes“ über die Vision „‚Stadt für alle“. Der Eintritt zu diesem Gespräch wie auch zur Ausstellung ist frei.

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