Die Partei „Die Linke“ bewirbt zur Zeit mit Plakaten entlang der Berger Straße, sowohl im Nordend wie auch in Bornheim, einen ihrer sogenannten Kritischen Stadtteilrundgänge. Im Juni dieses Jahres gab es z. B. auch schon einen in Bockenheim. Beworben wurde dieser mit Plakaten, auf denen der ehemalige AfE-Turm zu sehen war – der natürlich nicht in Bockenheim, sondern im Westend stand. Diesmal ist das Nordend an der Reihe bzw. nur die (untere) Berger Straße: Motto auf den Plakaten: „Verkehrswende jetzt – Lebenswerte Berger Straße“. Begleitend dazu wurde am 26.09.2022 auch eine Mitteilung veröffentlicht.
Es ist schon schlimm, dieses Leben rund um die Berger Straße, kein Wunder, dass niemand nach Bornheim und ins Nordend, vorzugsweise in Nähe zur verkehrstechnisch ach so schlimmen und nur wenig lebenswerten Berger Straße ziehen will. Man darf gespannt sein. Wobei, eigentlich auch nicht, das Übel ist mit dem Auto, das angeblich „die Straße dominiert“ schnell ausgemacht, weiterhin wird eine Berger Straße herbeigeredet, die „viel zu oft verstopft“ sei und auf den Gehwegen sei kaum noch „Platz fürs Flanieren“. Letzteres stimmt natürlich, aber da wird man sicher nicht auf die dafür verantwortliche (Außen-)Gastronomie eingehen, denn, so die Rechnung in Kreisen der Autohasser*innen: wenn die Autos erstmal alle Weg sind, haben ja alle mehr Platz. Als würden dann nicht automatisch noch mehr Leute den Weg gen Berger Straße einschlagen und somit Leute, die jetzt schon kaum noch Platz haben – langjährige Bewohner*innen, die als Fußgänger*innen hier täglich unterwegs sind und nicht Falafel fressend und Streetart guckend „Flanieren“, sondern Einkaufen gehen, zum Arzt gehen usw. – auch weiterhin nicht mehr davon zur Verfügung haben. Dafür aber würde es dauerhaft Lärm vor der Tür geben – oder wie das in solchen Kreisen gerne umschrieben wird: „Aufenthaltsqualität“. Stell den Frankfurter*innen irgendwo was hin, wo Bier, Kaffee oder Wein zu haben ist, zack, Gehweg dicht und Verhalten, als wäre man alleine auf der Welt. Zu beobachten nicht nur regelmäßig in der Berger Straße, sondern, an Wochenenden auch am Liebfrauenberg, der Braubachstraße, im Bahnhofsviertel und wer weiß wo noch alles.
Hier ein paar Fotos von der unteren Berger Straße: Selbe Ecke mit noch geschlossenem Café , mit Tischen und Stühlen auf dem Gehweg und mit Aufstellern und Gästen
Jede*r weiß: Es wird noch weniger Platz, sobald die ersten Gäst*innen Platz nehmen, dazu dann einfach noch Leute mit Einkaufstüten, oder – um andere vor den Karren zu spannen, als wären normale Bürger*innen nichts wert – Mobilitätseingeschränkte, Senior*innen und Eltern mit Kinderwagen vorstellen, die dann da durch wollen.
Doch damit nicht genug der fehlerhaften Einschätzungen zur Berger Straße. Als nächstes geht es um die Einzelhänder*innern. Die haben richtig zu kämpfen, laut Die Linke leiden die „unter hohen Mieten“ und „altgediente Geschäfte schließen“. Ups, sind hier Autos etwa gar nicht mehr das Problem? In Sozialen Netzwerken würde jetzt jemand reingrätschen, und zwar mit einem von diesen immer gleichen Artikeln, die in solchen Fällen heraus gekramt werden und davon handeln, dass irgendwo anders in Deutschland, Europa, den Vereinigten Staaten oder auf dem Mond der Handel plötzlich aufgeblüht ist, weil keine Autos mehr durch die Straßen fuhren, so als könnte man immer eine Situation von irgendwo anders 1:1 auf Frankfurt übertragen, mal abgesehen davon, dass es in Frankfurt mittlerweile viel zu vielen von solchen Leuten gibt, die ständig darauf verweisen, dass irgendwo anders etwas besser sei als in Frankfurt.
Das Problem des Einzelhandels, hier speziell das in der unteren Berger Straße ist aber eigentlich ein anderes und es wurde vor einiger Zeit von der Interessengemeinschaft Untere Berger Straße selbst thematisiert. In einer Protestaktion wurden die Schaufenster von rund 30 Geschäften so mit Packpapier und kritischen Hinweisen zum Abwandern der Kundschaft ins Internet verhüllt, als stünden sie leer. Anders formuliert: Gemeint sind all die Kasper, die mitten in der Stadt leben und jeden erdenklichen Shice im Internet bestellen. Rumflennen wegen Autos in Stadtteil/Stadt, aber dazu beitragen, die Straßen mit Paketlieferdiensten zuzustopfen. Genau mein Humor. Ach so, eine Handvoll Auslieferer benutzt auf den letztern Metern bei schönem Wetter auch mal das Fahrrad, super, Problem gelöst, puh, nochmal Glück gehabt, löl. Das Resultat eines solchen Kaufverhaltens kann man im Bornheimer Teil der Berger Straße schon seit einigen Jahren beobachten: Wo ein Händler den Betrieb einstellt, übernimmt nicht mehr wie es sonst üblich war ein anderer, sondern die Gastronomie und damit einhergehend gibt’s immer weniger Platz auf dem Gehweg.