Im vergangenen Jahr hatte ich in Kiosk 1234567890 eine Fotostrecke veröffentlicht, die Frankfurter Kiosks zeigt, die sich alle nach demselben Prinzip benannt haben: Das Wort „Kiosk“, gefolgt von der entsprechenden Hausnummer. In diesem Beitrag äußerte ich mich auch schon zu dem seltsamen Trend, derlei Locations mit der überwiegend für Berlin typischen, aber für Frankfurt untypischen Bezeichnung „Späti“ zu benennen – zumal Berlin hier eigentlich nicht etwas ist, das man zum Punkten benutzt. Vielleicht schrieb die FAZ (Rhein-Main-Zeitung) ja deswegen kürzlich zu diesem Thema, dass solche Locations auch „Spätis und Büdchen heißen dürfen“, wobei auch diese Autorin, wie so viele andere in den hiesigen Lokalredaktionen, nicht in Frankfurt geboren oder großgeworden ist, in diesem Fall, so verrät es das Autorinprofil, sogar „am Rand von Berlin aufgewachsen“ ist. Wäre das also auch geklärt.
Bei Berlin denke ich weniger an unkreative Ausgeburten wie „Frankfurt ist nicht Berlin“ oder „Berlin kann jeder, Frankfurt ist Kunst“, die man mit anderen Städtenamen überall in Deutschland vorfindet, sondern vielmehr daran, dass Berlin die Hauptstadt Preußens war und Preußen 1866 die Freie Stadt Frankfurt annektierte. Ich denke aber auch an das Battle um die „Techno-Hauptstadt“ Deutschlands Anfang der 1990er-Jahre, als Berlin durch den Mauerfall die ungewöhnliche Möglichkeit für eine besondere Clublandschaft einfach nur in den Schoß gefallen war und zu guter Letzt an den Wegzug von Firmen und unzähligen Kreativen, offenbar alle von der Sorte Wenn alle in Berlin sind, dann muss ich natürlich auch dahin. Natürlich gibt es Zugezogene sowie eine neue Generation, die von all dem nichts mitbekommen haben und, bis auf wenige Ausnahmen, sich bezüglich der Vergangenheit der Stadt, in die sie es geführt hat, auch nicht sonderlich interessiert zeigen – man lebt im hier und jetzt und man interessiert sich vor allem für … sich selbst. Sehen und gesehen werden, auf Social Media wie an Kiosks – also das, was man heute dafür hält, Locations, die immer öfter erst um 11, 12 oder 13 Uhr öffnen und nicht mehr der erste Laden in deiner Gegend sind, der bereits morgens um 7 Uhr geöffnet hat, sich sogar noch die Arbeit mit Printmedien macht und um 0 Uhr der letzte ist, der die Lichter ausmacht, dafür aber irgendwelche Getränke- und Food-Specials anbieten oder zu Tanzveranstaltungen einladen und deren Kundschaft den eigentlich öffentlichen Raum rund um das Wasserhäuschen, ob Platz oder Grünanlage, zu einem gewerblichen Außenbereich des Kiosks umwandeln.
Hier nun die Auswahl mit Spätis in Frankfurt, die sich bei der Namensgebung, also über das „Späti“ hinaus, offenbar besonders gerne an vermeintlich angesagten, mindestens jedoch inflationär genutzten Begrifflichkeiten von „069“ über „Bros“ bis „Gude“ bedienen. Hieß der „Kiosk Späti 329“ nicht vorher anders, „Mo’s Späti“? Jedenfalls setzt man dort mit der 329 auf die letzten 3 Zahlen der dortigen PLZ, vermutlich ebenso der „Späti 385“ auf die von Bornheim, wenngleich sich der Standort im Nordend mit dem PLZ-Bereich (60)316 befindet.
Wie lange noch bis „Bis späti!“, „Der Späti Brudi“, „My Späti“, „Skyline-Späti“, „Späti FRA“, „Späti Mon Amour“, „Späti Stabil“ oder „Spätiliebe“?