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Fahrräder, die im Freien ohne Kontakt zum Boden abgestellt werden, habe ich in Frankfurt in den vergangenen Jahren immer wieder gesehen: In erhöhter Position am Zaun (2012) oder auch an Straßenlaternen (2015 und 2016).

Ebenfalls auffällig anders: Mit Farbe besprühte Fahrräder. Hier einige Fundstücke aus Frankfurt – pink-grün (2011), pink (2017) und orange (2021).

Ein Mix aus diesen beiden auffälligen „Fahrrad-Erscheinungen“ in Frankfurt lässt sich seit einigen Wochen in Frankfurt entdecken. Im April sind mir zahlreiche Fahrräder im öffentlichen Raum aufgefallen, die überwiegend gold, aber auch pink, in manchen Fällen auch zunächst pink und später gold, lackiert wurden.

Das erste Exemplar, in pink, entdeckte ich am 1. April in der Innenstadt.

Pink farbenes Fahrrad hochkant befestigt an Verkehrsschild-Rohrpfosten in Frankfurt

Das nächste, ebenfalls in der Innenstadt, diesmal jedoch in gold, folgte am 9. April. Als ich neulich, am 28. April, erneut dort vorbei lief, hing es immer noch.

Ein goldfarbenes Fahrrad, an der Ecke Zeil/Brönnerstraße, lag am 23. April noch auf dem Boden. Fünf Tage später hing dasselbe Exemplar hochkant an der Stange mit dem Straßenschild.

Nur wenige Meter davon entfernt, an der Ecke Zeil/Stiftraße, waren gleich mehrere dieser besprühten Fahrräder zu sehen. Zuletzt gesehen habe ich diese am Sonntag, den 28. April, einen Tag später waren alle entfernt.

Goldenes Fahrrad hochkant befestigt an Wegweiser-Mast in Frankfurt

Hier übrigens ein zunächst mit der Farbe pink umgefärbtes Fahrrad vom 23. April, das sich fünf Tage später immer noch an derselben Stelle befand, aber zwischenzeitlich mit der Farbe gold übermalt wurde.

Weitere Goldstücke: Eine Fußplatte in der Innenstadt, ein Fahrrad mit aufgespanntem Schirm in der Altstadt sowie ein auf Fahrradbügeln befestigtes Fahrrad in Bockenheim.

Vor genau einer Woche habe ich ein weiteres Fahrrad entdeckt, das an der Grenze zwischen den Stadtteilen Bornheim und Nordend-Ost befestigt war. An diesem Tag war das Fahrrad komplett pink gefärbt. Als ich heute dort vorbei kam, war auch dieses, wie zuvor eines in der Innenstadt, mittlerweile gold umgefärbt worden. Bei beiden Farben zu sehen: Ein Aufkleber mit QR-Code, der mit dem Slogan „BE YOUR OWN HERO“ die Website cyclements.de bewirbt. Einen konkreten Bezug zu den Aktionen kann man jedoch auf keiner der Internetpräsenzen feststellen. Da die Firma anscheinend in der Nähe tätig ist, nutzt man offenbar die Gelegenheit, um auch von der Aufmerksamkeit zu profitieren, die den Fahrrädern aktuell zuteilwird.

In dieser Woche habe ich bereits zwei neue goldene Fahrräder entdeckt, nämlich in der Berger Straße – eines gegenüber des besetzten Berger Kinos und eines in der Nähe des Uhrtürmchens.

Goldenes Fahrrad hochkant befestigt an Verkehrsschild-Rohrpfosten in der Berger Straße in Frankfurt

Fahrrad in Gold an mast mit U-Bahn-Schild Bornheim Mitte

Nach Sei kein #Bikearsch, eine Aktion, die nicht den Weg in die hiesige Presselandschaft gefunden hat, nun also wieder etwas rund um das Thema Fahrrad. Was es mit den lackierten Fahrrädern auf sich hat, ist mir nicht bekannt, aber offenbar ist da jemand am Werk, womöglich sogar mehrere Leute, denen es wichtig ist, aufzufallen. Ähnlich wie in der Urban Art präsentiert man die Arbeiten bevorzugt an stark frequentierten Plätzen. Das ist immer auch ein Zeichen dafür, dass es nicht unbedingt darum geht, ein bestimmtes Thema in den Fokus zu rücken, sondern vor allem um Aufmerksamkeit, und mit Aktionen an sogenannten Hot Spots erreicht man immer mit vergleichsweise wenig Einsatz viel Sichtbarkeit.

Dennoch mag ich gerade, dass im März zunächst viele Urban Roofer auf Frankfurts Dächern und Baustellenkränen unterwegs waren und im April viele dieser Fahrräder aufgetaucht sind. Immerhin mal etwas anderes im (nicht immer ganz so) öffentlichen Raum Frankfurt als immer nur gruselige Eintracht-Graffiti und Streetart für Instagram-Pussys, in dieser Stadt mit Baustellen und Abbrucharbeiten an allen Ecken und Enden, in dieser Stadt der vermüllten Straßen, in dieser Stadt mit zahlreichen Geschäftsschließungen, in dieser Stadt, der außer irgendwas mit Gastronomie (=„Aufenthaltsqualität“) nichts einfällt, in dieser Stadt ohne erkennbaren Plan von „Stadt“.

Apropos Stadt. Die Stadt Frankfurt informiert heute, 30. April 2024, in einer Mitteilung, dass „vor circa 14 Tagen die ersten goldfarben lackierten Fahrräder“ aufgetaucht seien und diese nun durch einen externen Dienstleister entfernt werden. Wie ich in diesem Artikel bereits oben erwähnt und gezeigt habe sowie auf Instagram bei @pics.of.frankfurt und @frankfurt.trashfact zu sehen ist, sind diese Fahrräder 1. nicht alle goldfarben, sondern auch pinkfarben und 2. nicht erst „vor circa 14 Tagen“ aufgetaucht, sondern vor mindestens einem Monat, das älteste Foto, das ich auf Instagram finden konnte stammt vom 31. März! Vor circa 14 Tagen hat lediglich die etablierte Frankfurter Presselandschaft unisono darüber berichtet, so wie sie es oft macht, wenn sie das Internet bzw. die Sozialen Medien, und vor allem das grottige Frankfurt-Reddit, nacherzählt, denn den ganzen Tag „das Internet“ verfolgen und sich als – überspitzt formuliert – Content-Schmarotzer zu betätigen ist neben dem „Verarbeiten“ von Pressemitteilungen, Polizeimeldungen, Newsletter und jedem noch so kleinen Furz aus dem Eintracht-Frankfurt-Universum eine wichtige Säule des Frankfurter Lokal„journalismus’“ geworden. Derlei Informationen werden zudem auch oftmals ohne weiteres eigenes Zutun übernommen und weiterverbreitet. So wie auch dieses Mal.

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4 Comments

  • nochsoeiner sagt:

    Heute im Radio gehört, dass die Stadt alle Räder entsorgt. 🚮

    • stadtkind sagt:

      Hab ich doch auch ganz unten im Artikel steh.. ach nee, sorry, da hieß es nur, dass sie „entfernt“ werden, aber was, außer „entsorgen“, hätte man sonst noch damit machen können? Die zwei Exemplare auf der Berger Straße standen übrigens auch heute noch da.

  • Titus von Unhold sagt:

    Schöner Rant. Keine gute Laune mehr übrig?

    • stadtkind sagt:

      Wie viel gute Laune steckt in Leuten, die sich bei einem rund 70 Zeilen umfassenden Artikel auf die drei oder vier mit legimiter Kritik stürzen und versuchen, diese als Rant zu framen?

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