Heute besuchte ich die 18 Uhr-Vorstellung vom Film Revision im Mal Seh’n Kino im Frankfurter Nordend. Auf den Dokumentarfilm von Philip Scheffner wurde ich gestern bei filmportal.de aufmerksam, bzw. über eine Meldung dazu auf deren Facebook-Seite. Der Titel des Filmes beruht der Tatsache, dass ein juristisch abgeschlossener Kriminalfall einer filmischen Revision unterzogen wird.
Thematisiert wird der Tod zweier Menschen, die im Juni 1992 in einem Getreidefeld in Mecklenburg-Vorpommern um’s Leben gekommen sind. Ein Jäger mit Ortskenntnissen und zwei Jagdtouristen aus Frankfurt am Main verwechselten die beiden kurz zuvor unerlaubt über die polnische Grenze nach Deutschland gekommenen jungen Männer mit Wildschweinen und erschossen diese. Hier geht’s zum → Trailer ←
Der Fall gelangte damals weder großartig an die Öffentlichkeit, beschämend die Berichte Meldungen der Presse zum Ereignis seinerzeit, das Gericht verurteilte keinen der des Totschlags angezeigten Jäger und die Familien der Opfer wurden weder über Details, noch über einen später stattfindenden Prozess informiert, was ihnen somit die Möglichkeit nahm, wenigstens Ansprüche geltend zu machen.
Das alles geschah zu einer Zeit, als es in Europa, in diesem Land und vor allem in dieser Gegend alles andere als unüblich war, mit Grenzüberschreitungen seitens tausender von Flüchtlingen aus Osteuropa konfrontiert zu sein. Traurig eigentlich, dass viele von dort nach Deutschland gekommene Flüchtlinge genau dort landeteten, wo nur wenige Wochen später menschenähnliche Kreaturen tagelang ein Asylbewerberheim terrorisierten- und das alles in einer Region des Landes, wo viele Menschen noch wenige Jahre zuvor sich selbst in Fluchtversuchen aus dem ehemals eigenen Land versuchten. Aber nicht nur der Fall an sich ist „kurios“, sondern auch die ganzen Ermittlungen damals, wie auch Geschehnisse drumherum. Kurz zusammengefasst: Was interessiert der Scheiß-Flüchtling. Ob aus ermittlungtechnischer, rassistischer, inkompetenter oder menschlicher Sicht. Man stelle sich nur mal vor, das Opfer-Täter-Verhältnis wäre genau anders herum gewesen. Uiuiui…
„Ohne Zweifel ist dieses einzigartige dokumentarische Kino eine unerbittliche Bestandsaufnahme deutscher Abgründe – mitten in Europa.“ (filmanzeiger)
„Obwohl seine Sympathien klar sind, verkommt ihm der Film nicht zur Betroffenheitsschnulze, die Anteilnahme stellt sich durch die Sachlage sowieso automatisch ein.“ (spiegel online kultur)
Ein äußerst sehenswerter Film, der eigentlich mindestens genau so viel Aufmerksamkeit verdient hätte, wie der Film der direkt danach gezeigt wurde, wo man anhand des wartenden Publikums von einem sehr gut gefüllten Kinosaal ausgehen konnte. In der Vorstellung zu Revision habe ich jedenfalls zum ersten Mal einen kompletten Kinosaal für mich alleine gehabt. Irgendwie schön, in diesem Fall aber auch irgendwie traurig. Aber vielleicht tut sich was am kommenden Samstag, den 15.09.2012, wenn der Regisseur Philip Scheffner himself, der im Rahmen der Veranstaltungsreihe des Dokumentar-Filmpreises „Erinnerung und Zukunft“, den sein Film beim diesjährigen goEast-Wettbewerb des mittel- und osteuropäischen Films in Wiesbaden gewonnen hat, unterwegs ist und vor Ort präsent sein wird.