In einer Welt, die auf permanente körperliche Funktionalität, Mobilität und Verfügbarkeit sowie deren stetige Steigerung baut, führt jegliche Form von Dysfunktionalität zum Ausschluss oder wird als behandlungsbedürftig erklärt. Die Arbeiten solcher Menschen präsentiert das Museum für Moderne Kunst in der großartigen Ausstellung «Crip Time«, darunter auch die mit weißen Texten beschriebenen blauen Bänke und Chaiselongues der in Brooklyn, NY lebenden Künstlerin Shannon Finnegan.
Der vermeintliche Anspruch von Design, nach dem für alle gleichermaßen nutzbare Architekturen und Produkte geschaffen werden sollen, schließt kontinuierlich Menschen aus. So gehen zum Beispiel standardisierte Gestaltungsvorbilder auf Körpervorstellungen zurück, in denen die Vielfalt der Körper wie auch die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung nicht berücksichtigt werden. Die Sitzgelegenheiten Finnegans bieten auf einladende Weise Raum für Erholung und Ruhe, wie man es sich generell öfter wünschen würde – in Museen, aber natürlich auch im öffentlichen Raum, wo es generell zu viele Orte gibt, an denen Menschen mit ihren körperlichen Bedürfnissen, ihrer Müdigkeit und Erschöpfung nicht vorgesehen zu sein scheinen.
„Finnegan zeigt, dass Zugänglichkeit (access) erst dort beginnt, wo die Ideologie eines konformen, den Normen entsprechenden Körpers verlernt wird und man Räume auf Basis multipler Bedürfnisse neu konzipiert. Dabei erinnert die Handlung des Sitzens auch an die Proetestform des Sit-ins und die Besetzung von Räumen – also an die Anwesenheit politischer Körper, die bei Demonstrationszügen, die körperliche Mobilität voraussetzen, sonst häfig unsichtbar bleiben.“ (MMK-Booklet zur Ausstellung)
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